Warum sind Höhlen so faszinierend?
Ein Interview mit Subterranean-Regisseur François-Xavier de Ruydts
"Caving ist ein Community-Sport, der sich über mehrere Generationen zieht."
Francois-Xavier de RuydtsWorin besteht die größte Schwierigkeit, wenn man einen Caving-Film machen will?
Höhlenforschung ist sehr langsam und repetitiv. Es sind Gemeinschaftsprojekte, an denen oft mehrere Generationen von Cavern beteiligt sind. Meistens gibt es nicht einmal ein konkretes Ziel. Die Caver stoßen nur Stück für Stück immer weiter ins Unbekannte vor. Als Filmemacher fragt man sich da: Wie mache ich daraus einen guten Film mit einem Anfang und einem Ende? Beim Caving gibt es keinen Gipfel. Die Höhle reicht immer weiter in die Tiefe und das Wasser sucht sich seinen Weg. Aber für die Caver ist irgendwann Schluss, weil es einfach zu schwierig oder zu gefährlich wird.
Wann es so weit ist, kann man vorher nicht wissen. Aber für Katie, Franck und die anderen Caver in deinem Film scheint er noch in weiter Ferne zu liegen. Sie investieren so viel in ihre Projekte. Kannst du nachvollziehen, was sie antreibt?
Nur bedingt. Für mich war das Filmprojekt ein guter Grund, die Gruppe zu begleiten. Ich würde es aber nicht allein aus Spaß an der Freude tun. Die Caver investieren all ihre Freizeit und ihr privates Geld in die Projekte. Anstatt Zeit mit ihrer Familie zu verbringen, frieren sie lieber zehn Tage lang in einer Höhle.
Das klingt nach einem sehr speziellen Menschenschlag. Gibt es da manchmal auch Rivalitäten untereinander?
Katie ist in ihrem Team ganz klar die Anführerin. Sie reißt alle mit ihrer Begeisterung mit; sie will die Grenzen wirklich ausloten. Beim Team auf Vancouver Island geraten schon auch mal große Egos einander. Peter hat auf Vancouver Island 40 Jahre lang Höhlenforschung betrieben und dann kommt so ein Rookie wie Franck um die Ecke, der erst seit drei Jahren dabei ist – und bringt auch noch ein Filmteam mit!
"Als Entdecker, als Caver, muss man sich aufeinander verlassen können."
Francois-Xavier de RuydtsWie hast du Franck und Katie eigentlich kennengelernt?
Katie kannte ich schon länger, aus meiner Zeit als Höhlenfotograf. Aber Franck habe ich zum ersten Mal auf einer Babyparty getroffen. Er hatte sein Kind auf dem Arm und erzählte mir ganz nebenbei, dass er auch Caver sei – und die längste Höhle von British Columbia suche. Er war sofort Feuer und Flamme für das Filmprojekt.
Du hattest als Fotograf schon einige Höhlen besucht, bist also als Caver und nicht in erster Linie als Filmemacher zu der Gruppe gestoßen. Welche Vorteile hatte das für dich und das ganze Filmprojekt?
Als wir mit den Dreharbeiten begannen, war das Team auf Vancouver Island gerade dabei, herauszufinden, ob sich hinter einer schwierigen Kletterpassage vielleicht ein Durchgang zu einer anderen Höhle verbarg. Doch es war eine Sackgasse. Ich sagte: „Dann müsst ihr es eben von der anderen Seite aus versuchen.“ Davon wollten sie aber nichts hören: „Nein, da ist der Glorpe, da gehen wir nicht durch.“ Und sie erzählen mir von diesem furchtbar ekligen Gang, in dem man ganz sicher im Matsch ertrinken würden, wenn man versuche, sich dort durchzuschlagen. Seit Jahren war niemand mehr dort gewesen. Aber ich dachte: „Das wären ein paar super Bilder für den Film“. Also habe ich mir das Ganze mal angesehen. Mein Kameraassistent und ich haben einen Tag gebraucht, um uns durch den Glorpe zu kämpfen. Wir haben alles gefilmt und den Cavern die Aufnahmen gezeigt. Danach sagten sie: „Ok, jetzt müssen wir es auch machen.“
Gab es auch Momente, wo du nicht alles filmen konntest, was du gerne gefilmt hättest?
Am Ende des Films macht Katie endlich den entscheidenden Tauchgang. Da habe ich eine Drohne vorausgeschickt, um sie beim Tauchen filmen zu können. Aber wir konnten ihr nicht lange folgen. Da wird eine Menge Sediment aufgewirbelt und Katie hätte sich in den Kabeln verfangen können. Das war zu gefährlich. Also habe ich die Drohne sehr bald wieder rausgeholt und mich darauf verlassen, dass die GoPro an ihrem Helm alles filmen würde. Aber die hat an dem Tag leider nicht funktioniert! (lacht)
Über den Cast
François-Xavier de Ruydts
Der Filmemacher zog 2010 von Belgien nach Vancouver. In Kanada verwirklichte sich der Energieberater einen Traum und wurde Outdoor-Fotograf. Mit Höhlenbildern entdeckte er eine Nische, über die er sich profilieren konnte und wurde unversehens auch noch zum Caver. *Subterranean* ist sein erster Höhlenfilm. Mittlerweile lebt er wieder in Belgien.
Franck Tuot
Er fand einige Höhleneingänge, während er als Forstingenieur auf Vancouver Island arbeitete, und wurde zum begeisterten Caver.
Katie Graham
Die Finanzanalystin aus Calgary verbringt fast jedes Wochenende in einer Höhle in den Canadian Rockies.