MY MIDSUMMER MORNING



2016 wandert Alastair Humphreys quer durch Spanien. Der britische Abenteurer, Filmemacher, Autor und Speaker folgt der Wegbeschreibung des seines britischen Landsmannes Laurie Lee - ein Schriftsteller, der diese Reise 1935 machte. Genau wie er möchte Alastair sich auf seiner Wanderung als Straßenmusiker über Wasser halten.


Das Problem ist: Im Gegensatz zu Laurie Lee spielt Alastair überhaupt kein Instrument und muss nach nur sechs Monaten Geigenunterricht sein erstes "Konzert" in einer spanischen Kleinstadt geben. Die Performance ist gewöhnungsbedürftig, aber nicht vollkommen unerträglich - was erste milde Gaben von Passanten beweisen.

Für Alastair, der das Konzept der "Microadventures" - kleine abenteuerliche Fluchten aus dem Alltag - salonfähig gemacht hat, ist diese Reise durch Spanien etwas ganz Besonderes. Sie bringt den Nervenkitzel in sein Leben zurück. Denn nach unzähligen Abenteuer in aller Welt ist das Unterwegssein in fremden Ländern für Alastair schon zur Gewohnheit geworden. Mit der Geige begibt es sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder auf wirklich unbekanntes Terrain - mit dem Ergebnis, dass auch das Abenteuer-Feeling zurückkehrt.

Mitten auf einem Markplatz in Spanien mehr schlecht als recht Geige zu spielen und dabei vom Rest der Welt ignoriert zu werden, das muss man auch erst einmal verkraften.

Wann bist zu zum ersten Mal auf den Reisebericht von Laurie Lee aufmerksam geworden?

Ich habe das Buch während meines Studiums entdeckt und es dann in einem Second-Hand-Buchladen gekauft. Ich hatte also damals schon ein ziemlich altes Exemplar.

Was das Spanien, das du auf deiner Reise erlebt hast, noch das gleiche wie das, das Laurie Lee 1935 kennengelernt hat?

In den Dreißigern war Spanien ziemlich arm. Aber ich dort war, waren auch viele Menschen arbeitslos und hatten Mühe über die Runden zu kommen. Vielleicht hatte ich es auch schwerer als er, weil zu seiner Zeit das Leben eher draußen, in den Cafés und auf den Straßen stattfand.

Kurze Verschnaufpause: Heute sind die Leute nicht besonders spendierfreudig...

Ja, es ist schwieriger gehört zu werden, wenn alle Kopfhörer tragen und mit dem Handy herumspielen. Aber die sozialen Medien haben ja auch Vorteile...

Ich wollte so nahe wie möglich an Laurie Lees Erlebnisse herankommen. Deshalb habe ich mich bewusst dafür entschieden, größtenteils offline zu sein. Es wäre zu einfach gewesen, auf Twitter zu schreiben: "Wohnt hier jemand in der Nähe? Kann ich vielleicht heute bei euch übernachten?" Einmal hat mich tatsächlich jemand erkannt und in sein Haus eingeladen. Aber es hat sich nicht richtig angefühlt, obwohl ich dort endlich wieder mal duschen konnte und es etwas Gutes zu essen gab.


Kulinarisch war deine Reise mit Sicherheit nichts Besonderes. War das schlimm für dich?

Ich habe den größten Teil meines Lebens schlechtes Camping-Essen gegessen. Wenn es 30 Tage in Folge dreimal am Tag Reis gibt, ist das für mich kein Problem. Aber manchmal musste ich auf der Reise meine Tagesrationen halbieren. Zum Beispiel, wenn ich während der Siesta in einer Stadt ankam, niemand auf der Straße unterwegs war und ich weiter in den nächsten Ort laufen musste.

Was man gerne vergisst: Gut 800 Kilometer Wegstrecke quer durch Spanien mussten auf der Reise auch noch zurückgelegt werden.

Wie viel Geld hast du insgesamt mit deiner Musik verdient?

140 Euro und 40 Cents. Ungefähr 4 Euro pro Tag. Was sehr viel mehr war als ich erwartet hätte. Ich dachte, ich würde vielleicht 1 Euro pro Tag verdienen, also hab ich mich die meiste Zeit unglaublich reicht gefühlt. An manchen Tagen konnte ich mir sogar einen Kaffee leisten. Dann saß ich drei Stunden lang in einem Café, vor meinem 1-Euro-Kaffee und habe die Akkus meiner Kameras aufgeladen. Und mich auf der Toilette noch schnell gewaschen. Alles für 1 Euro!

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